Im Schlosspark

Die Sonne versank hinter dem Horizont. Obwohl ich mich in Mitteleuropa befand, wurde es überraschend schnell dunkel. Quasi von jetzt auf gleich, als hätte jemand das Licht ausgeknipst. 

Hob sich eben noch die Silhouette des Schlosses Hohenstein vom Horizont ab, war meine Umgebung nun in tiefes Dunkel getaucht.
Nach einer kurzen Überlegung drehte ich mich um, um nicht weiter auf das Schloss zuzulaufen, sondern den Weg zurück durch den Schlosspark zum großen metallenen Tor zu finden, das ich vor ungefähr einer Stunde in bester Spazierlaune durchschritten hatte. Ich tastete mich vorwärts und versuchte mich zu erinnern, wie der Weg verlaufen war.  

Im stockdunklen Park setzte ich einen Fuß vor den anderen, um nicht gegen einen Baum zu laufen. Plötzlich sah ich einen hellen Schimmer. Er schien sich vom Boden abzuheben und auszubreiten. Ich sah auch plötzlich erleichtert wieder Konturen von Bäumen und Büschen. Ich ging zügiger, denn ich hatte doch eine gewisse Furcht in der totalen Dunkelheit gespürt. Der Lichtschimmer hatte eine mysteriöse blau-rosa Farbe. Als ich näher kam, hörte ich zunehmend eine Art Gewisper, ein Stimmengemurmel mit ganz hohen, feinen Stimmen. Ich schlich näher und blieb abrupt stehen. Um ein Feuer, dass hellblaue und rosa Flammen schlug, saßen etwa 20 merkwürdige Wesen. Einige waren hoch und schmal, andere winzig klein und breit. Tiere waren es jedoch nicht. Ein paar dieser Wesen trugen so etwas wie sehr hohe Hüte. 
Allen gemeinsam war, dass sie durchscheinend waren. Das Feuer war durch die Körper dieser illustren Wesen hindurch sichtbar. 

Ich war zur Salzsäule erstarrt und atmete nur ganz flach, um ja nicht entdeckt zu werden. Der Wind kam von vorn und wehte mir den weißen, lieblich duftenden Rauch dieser merkwürdigen Flammen ins Gesicht. Die kleinen Wesen wisperten alle durcheinander und kicherten plötzlich gemeinsam. Dann lachten sie laut auf mit ganz hohen glockenhellen Stimmchen. 'Es schien eine sehr fröhliche Gesellschaft zu sein. 

Aber dann frische der Wind auf und drehte sich, so dass mir meine Haare ins Gesicht wehten. Die kleinen Wesen müssen mich plötzlich gerochen haben, denn die Flammen gingen auf einen Schlag aus, das Gelächter verstummte abrupt, es raschelte noch ein wenig im Laub, dann herrschte Totenstille. 

Ich verharrte noch recht lange vollkommen regungslos. Der Wind legte sich wieder und es begann zu regnen. Alles blieb dunkel und ruhig. Ich konnte keines der kleinen Wesen mehr bemerken. Schließlich atmete ich tief ein und aus. Langsam tastete ich mich wieder weiter zurück zum Tor, das sich überraschender Weise gar nicht so weit entfernt befand. 

Als ich das große Tor geöffnet und hindurch gegangen war, empfingen mich freundlich leuchtende Straßenlaternen. Ich wunderte mich über die komplette Finsternis im Schlosspark. Eigentlich hätte man die Straßenlaternen aus der Ferne sehen müssen.