Taizé 1995

                         geschrieben am 24.10.1995 - grad gefunden...

Ich sitze gerade in einem Café und trinke Café au lait, der natürlich nur halb so gut schmeckt, wie der in Cormatin oder Cluny. Es ist hier sowieso alles nur halb so gut wie in der Woche in Taizé.  

Ich würde diese Woche gern noch mehrmals hintereinander erleben, wie man seinen Lieblingsfilm mehrmals hintereinander sehen will - immer noch mal, ganz genau so, ohne jede Veränderung, sich auf eine ganz bestimmte Lieblingsszene freuen, von der man weiß, dass sie gleich kommt. 

Ich hatte mehrere Lieblingsszenen in Taizé: den Streit am Mittwoch und die Klärung, das Teilen von inneren Wahrheiten und das Pfannkuchen backen und noch viele Szenen mehr. 

Zu Hause sein finde ich gerade gar nicht schön, aber ich habe aus der einen Woche viel Kraft schöpfen können, fühle mich leicht und zuversichtlich. 

Die Rückreise war noch sehr spannend, weil die französische Bahn mir - aufgrund der Verspätung des Zuges Macon/Lyon- ein Gratisticket erster Klasse mit dem TGV von Lyon nach Paris spendiert hat. So bin ich nochmal im Eiltempo an Taizé vorbeigesaust, das ganz friedlich in der Mittagssonne lag. Nachts um halb drei war ich dann wieder zu Hause.

Alles ist hier nur halb so gut wie in der einen Woche.  Ich habe die Fotos angeschaut und jedes Foto ausführlich betrachtet und jede einzelne Situation in Gedanken rekonstruiert. Bei einigen Erinnerungen musste ich herzlich lachen.

Ich habe immer noch nicht aufgehört, zu rauchen....

Es war eine wunderschöne Zeit. So ist das Leben......


foto(c)GEO



Im Schlosspark

Die Sonne versank hinter dem Horizont. Obwohl ich mich in Mitteleuropa befand, wurde es überraschend schnell dunkel. Quasi von jetzt auf gleich, als hätte jemand das Licht ausgeknipst. 

Hob sich eben noch die Silhouette des Schlosses Hohenstein vom Horizont ab, war meine Umgebung nun in tiefes Dunkel getaucht.
Nach einer kurzen Überlegung drehte ich mich um, um nicht weiter auf das Schloss zuzulaufen, sondern den Weg zurück durch den Schlosspark zum großen metallenen Tor zu finden, das ich vor ungefähr einer Stunde in bester Spazierlaune durchschritten hatte. Ich tastete mich vorwärts und versuchte mich zu erinnern, wie der Weg verlaufen war.  

Im stockdunklen Park setzte ich einen Fuß vor den anderen, um nicht gegen einen Baum zu laufen. Plötzlich sah ich einen hellen Schimmer. Er schien sich vom Boden abzuheben und auszubreiten. Ich sah auch plötzlich erleichtert wieder Konturen von Bäumen und Büschen. Ich ging zügiger, denn ich hatte doch eine gewisse Furcht in der totalen Dunkelheit gespürt. Der Lichtschimmer hatte eine mysteriöse blau-rosa Farbe. Als ich näher kam, hörte ich zunehmend eine Art Gewisper, ein Stimmengemurmel mit ganz hohen, feinen Stimmen. Ich schlich näher und blieb abrupt stehen. Um ein Feuer, dass hellblaue und rosa Flammen schlug, saßen etwa 20 merkwürdige Wesen. Einige waren hoch und schmal, andere winzig klein und breit. Tiere waren es jedoch nicht. Ein paar dieser Wesen trugen so etwas wie sehr hohe Hüte. 
Allen gemeinsam war, dass sie durchscheinend waren. Das Feuer war durch die Körper dieser illustren Wesen hindurch sichtbar. 

Ich war zur Salzsäule erstarrt und atmete nur ganz flach, um ja nicht entdeckt zu werden. Der Wind kam von vorn und wehte mir den weißen, lieblich duftenden Rauch dieser merkwürdigen Flammen ins Gesicht. Die kleinen Wesen wisperten alle durcheinander und kicherten plötzlich gemeinsam. Dann lachten sie laut auf mit ganz hohen glockenhellen Stimmchen. 'Es schien eine sehr fröhliche Gesellschaft zu sein. 

Aber dann frische der Wind auf und drehte sich, so dass mir meine Haare ins Gesicht wehten. Die kleinen Wesen müssen mich plötzlich gerochen haben, denn die Flammen gingen auf einen Schlag aus, das Gelächter verstummte abrupt, es raschelte noch ein wenig im Laub, dann herrschte Totenstille. 

Ich verharrte noch recht lange vollkommen regungslos. Der Wind legte sich wieder und es begann zu regnen. Alles blieb dunkel und ruhig. Ich konnte keines der kleinen Wesen mehr bemerken. Schließlich atmete ich tief ein und aus. Langsam tastete ich mich wieder weiter zurück zum Tor, das sich überraschender Weise gar nicht so weit entfernt befand. 

Als ich das große Tor geöffnet und hindurch gegangen war, empfingen mich freundlich leuchtende Straßenlaternen. Ich wunderte mich über die komplette Finsternis im Schlosspark. Eigentlich hätte man die Straßenlaternen aus der Ferne sehen müssen. 



Schreiben bis der Arzt kommt - in 2020 :)


The Fish


Ein  Fisch schwimmt im Aquarium.
Er schwimmt hin und her
und denkt sich:
Ich möchte gar kein Fisch sein, sondern
lieber ein flotter Mann auf de Straße.

Er wünscht sich den ganzen Tag....
er wäre ein Mann, der auf Londons Straßen spaziert.
Aber leider sind wir hier auf der Erde
und nicht in einem Wunschkonzert.


Aber manchmal soll Wunschdenken ja helfen.
Und so stellte er sich vor, wie er mit Melone und Spazierstock
die Downing Street in London herunter wandelt.

Er stellte es sich den ganzen Tag lang vor -
und er stellte  es sich jeden Abend vor - kurz nachdem er die
Abendnachrichten gesehen hat - und kurz bevor er das Licht
in seinem Aquarium ausschaltet.
So träumt er sehr häufig des Nachts.....
dass er draußen auf der Straße spazieren geht.

Er sieht sich dort gehen - auf zwei Beinen -
in schicker Kleidung - mit einem kleinen Schnäuzer
unter seiner Nase.

Und wie er sich das alles ganz plastisch tagsüber vorstellt -
und nachts träumt....
so wacht er eines morgens auf
und sieht sein Konterfei im spiegelnden Glas seines Aquariums....

Und da hat er doch glatt einen Schnäuzer im Gesicht.

Er schaut und staunt. Ein Fisch mit Bart....
Wunschdenken scheint doch zu helfen.
Zumindest im Ansatz......

Leider blieb er ein Fisch im Aquarium.
Nur mit Schnäuzer eben.......